Die drei Vorgänge Ausatmen, Einatmen und Anhalten des Atems werden hinsichtlich der Dimensionen Ort, Zeit und Zahl reguliert mit dem Ziel, sie zu verlängern und zu verfeinern. Es gibt noch einen vierten Vorgang, der über die Ein- und Ausatmung hinausgeht. Dann löst sich der Schleier auf, der das Licht des Bewusstseins verdeckt. Und der Geist erlangt die Fähigkeit zur Konzentration.
Yoga Sutra 2.51 – 2.53
Über deine Atmung kannst du deinen Geist entspannen, zentrieren und beruhigen – und entspannter leben. Aber nicht nur das. Im klassischen Yoga haben einige Atemübungen sogar das Ziel, den Atem so still werden zu lassen, dass auch die geistigen Aktivitäten vollkommen zur Ruhe kommen.
Die Wechselatmung – Nadi shodhana
Nadi shodhana ist eine der bekanntesten Pranayama-Übungen aus dem Hatha-Yoga. Wörtlich übersetzt heißt sie „Reinigung der Nadis“, wobei Nadis das indische Äquivalent für Meridiane ist. Die gebräuchliche Bezeichnung „Wechselatmung“ beschreibt die Übung sehr passend, weil du abwechselnd das linke und das rechte Nasenloch schließt und jeweils nur über eine Seite ein- und ausatmest.
Im Yoga verleiht man dem Nasengang eine ganz besondere Energiequalität. Der rechte Nasengang ist der Sonne, der linke Nasengang dem Mond zugeordnet. Zwischen diese beiden Polen – die auch durch Yin und Yang in der TCM und durch ha und tha im Yoga symbolisiert werden – bewegst du dich ständig hin- und her. Deshalb gilt die Wechselatmung als die ideale pranayama-Übung, um hier eine Balance herzustellen!
Indem du über die rechte Seite einatmest, nimmst du die aktive Energie auf, die den Qualitäten der Sonne zugeordnet wird. Atmest du über das linke Nasenloch aus, fließen diese Qualitäten in die passive Mondseite ein. Im Anschluss daran verbindest du dich einatmend mit der linken Seite und ihrer passiven Energie und lässt sie ausatmend in die aktive Seite einfließen.
Anleitung
- Setz dich aufrecht und bequem hin. Die linke Hand ruht im Chin-Mudra auf dem Knie. Dabei berühren sich Daumen und Zeigefinger. Atme nun durch beide Nasengänge einige Male gleichmäßig ein und aus. Lausche dabei auf deinen eigenen Atemrhythmus. Beginne, indem du über beide Nasenlöcher lang einatmest.
- Schließe dann das rechte Nasenloch mit dem rechten Daumen. Zeige- und Mittelfinger liegen an der Handfläche, Ringfinger und kleiner Finger liegen am linken Nasenloch, durch das du jetzt ausatmest und dann wieder einatmest.
- Schließe dann das linke Nasenloch mit Ringfinger und kleinem Finger und das rechte Nasenloch mit dem Daumen. Halte den Atem an und konzentriere dich dabei auf das „Dritte Auge“ zwischen den Augenbrauen. Löse den Daumen und atme langsam und ruhig über das rechte Nasenloch wieder aus und ein. Wiederhole diesen Vorgang einige Male.
- Beende die Übung, indem du links einatmest und über beide Nasenlöcher ausatmest.
- Bleibe noch eine Zeitlang in einer entspannten Haltung mit einer offenen und achtsamen Wahrnehmung des ausgeglichenen Geists- und Gemütszustandes, den durch die Übung erlangt hast.
Dauer: 3 – 5 Minuten
Wirkung: beruhigt dein vegetatives Nervensystem, gleicht die beiden Körperseiten aus und harmonisiert die Gehirnhemisphären, kräftigt dein Zwerchfell. Nimm einmal ganz bewusst wahr, wie ruhig und entspannt du nach dieser Übung bist!
Achte darauf, dass du ohne Druck praktizierst und nur so lange, wie es angenehm für dich ist.