Wie sich das Gehirn durch Yogapraxis verändert und welche positiven Effekte diese Veränderungen für unser Leben haben
„Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen der Fluktuationen des Geistes“, heißt es in Patanjalis Yogasutra 1.2. Im Moment des Yoga erleben wir tiefste Zufriedenheit. Sind wir nicht in diesem Zustand, werden unsere Wahrnehmungen verzerrt durch das, was die Aktivitäten unseres Geistes, (die sogenannten Vrttis) auf Grundlage unserer Prägungen auswählen. Unter den Vrttis versteht man all jene mentalen Vorgänge, die uns dabei stören, still im Sinne des Yoga zu werden. Sie sind aktiv, wenn wir durch Ablehnung, Anhaftung, Erinnerungen, Konditionierungen und Vorstellungen aus der Bahn geworfen werden.
Den Zustand von Yoga haben viele Menschen bereits spontan für einen kurzen Moment erlebt. Dann ist es einfach nur still in uns. Damit wir diese Ruhe gezielt erfahren können und nicht mehr von jedem kleinen äußeren Reiz irritiert werden, braucht es allerdings ein hohes Maß an Achtsamkeit. „Achtsam zu sein heißt nichts anderes, als die Dinge so zu sehen, wie sie sind“, erklärt der Arzt und Meditationslehrer Prof. Jon Kabat-Zinn. Er erforschte sie über viele Jahre in von ihm entwickelten Achtsamkeitsprogrammen und konnte klinisch beweisen, dass die regelmäßige Achtsamkeitspraxis unser Gehirn positiv beeinflusst.
Regelmäßige Achtsamkeitsübungen hinterlassen Spuren in bestimmten Gehirnregionen. Bestimmte Teile des präfrontalen und des parietalen Kortex sind für die willentliche Lenkung der Aufmerksamkeit zuständig. Andere Regionen dieses Bereiches bilden zusammen mit der Inselrinde, die auch als Insula bezeichnet wird, einen neuronalen Schaltkreis, der den unwillkürlichen, zum Beispiel von Außenreizen gesteuerten Wechsel der Aufmerksamkeit lenkt. Wissenschaftler der University of California in Los Angeles entdeckten, dass die Insula, die u.a. emotionalen Schmerz bewertet, stärker gefaltet ist bei solchen Menschen, die über eine langjährige Achtsamkeitspraxis verfügen, als bei Menschen die keine Erfahrung damit haben. Die ausgeprägten Windungen machen es den Neuronen in diesem Bereich möglich, wirksamer miteinander zu kommunizieren.
Achtsam zu sein, heißt vollkommen wertfrei das wahrzunehmen, was gerade passiert. Dies ist aber in der heutigen Zeit gar nicht so einfach, weil wir doch tagtäglich mit äußeren Reizen überflutet werden. Besonders die digitalen Medien – und hier besonders die Smartphones – sind wohl der größte Kontrahent der Achtsamkeit. Sie haben unser Gehirn dahingehend konditioniert, dass Aufmerksamkeit immer an einen Reiz gebunden ist. Es klingelt, blinkt und piept, mal als Ton, […]