Die indische Götterwelt erscheint uns faszinierend exotisch – aber auch fremd und so gar nicht mit unserer Welt vereinbar. Es fällt uns möglicherweise schwer, einen Bezug zu dieser Tradition mit ihren ungewöhnlichen Geschichten und ihrer komplizierten Sprache zu finden. Wie also können wir eine persönliche Verbindung herstellen?
Jede Tradition und Sprache ist uns am Anfang unseres Lebens fremd. Bis auf die eine Sprache, die wir schon vor der Geburt kennen: die unseres Herzens. Alles andere können wir lernen. Bei der Sprache unseres Herzens müssen wir eher darauf achten, sie nicht zu verlernen. Wenn wir sie mit den Händen, Füßen und mit unserem Mund sprechen, dann sind wir in Resonanz und können uns glücklich schätzen.
Die Bedeutung von Erfahrung
Jede Tradition fußt auf praktischen Erfahrungen. Die christliche Tradition basiert auf den Erfahrungen einfacher Fischer – der späteren Apostel – mit Jesus von Nazareth. Auch die hinduistische Tradition geht auf praktische Erfahrungen zurück – und zwar auf solche, die wir alle machen oder machen können. Wir alle erfahren z.B., dass das Leben sich wechselhaft zeigt. In einem Augenblick erscheinen uns alle Möglichkeiten offen, im nächsten erscheint uns alles verloren. Diese Erfahrung kann in ein Bild gegossen werden: das Leben als ein Tanz, und Shiva als der Tänzer, der sich mal hierhin, mal dorthin bewegt, aber letztlich immer in Balance bleibt.
Die Erkenntnis, dass alle Traditionen ihre Wurzel in der Erfahrung haben, lässt uns die vermeintliche Fremdartigkeit der hinduistischen Tradition richtig einordnen und kann unseren Horizont erweitern, weil wir dadurch die Ereignisse des Lebens aus unterschiedlichen, neuen Perspektiven zu betrachten lernen. Fremd sind uns vielleicht die Formen, nicht die Essenz. Unsere Aufgabe ist es, den Weg wieder zurückzugehen – von der reinen Tradition zur persönlichen Erfahrung.
Individuelle Antworten finden
Als die spirituelle Lehrerin Leela Mata mir gegenüber einmal betonte, wie wichtig es sei, einen persönlichen Bezug zum Göttlichen zu gewinnen, dachte ich, es gehe um die Verehrung einer Statue. Später wurde mir klar, dass etwas anderes gemeint war: dass es wohl eher darum geht, die verschiedenen Gottheiten immer wieder neu für sich zu „übersetzen“. Zu entdecken, was z.B. der Aspekt des Affengottes Hanuman für mich bedeutet, was in mir, in meinem Herzen, anklingt. So kann ich in Resonanz kommen und in einen persönlichen […]