Fühlst du dich schnell überfordert im Kontakt mit anderen Menschen? Hast du das Gefühl das Dinge, die für andere interessant oder inspirierend sind, bei dir Stress und erzeugen und erschöpfend wirken? Spürst du intensiv die Stimmungen anderer Menschen? Reagierst du sehr empfindlich auf äußere Reize wie z.B. Geräusche oder Licht?
Vielleicht gehörst du dann auch zu der wachsenden Gruppe von Menschen, die sich als „hochsensibel“ bezeichnet. Natürlich verfügt jedes menschliche Wesen über Sensibilität und Empathie. Doch Untersuchungen der amerikanischen Psychologin und Autorin Elaine Aron haben ergeben, dass ca. 15 bis 20 Prozent aller Menschen Sinneseindrücke intensiver wahrnehmen als andere. Die Ursache scheint biologisch zu sein, d.h. das Nervensystem dieser Personen ist empfänglicher für Reize als bei anderen. Ihr Gehirn registriert feinere Nuancen, empfängt mehr Informationen und Eindrücke – und muss diese auch verarbeiten. Hochsensible sind also keine „Mimosen“, die sich „einfach mehr zusammenreissen“ müssten.
Verstehen & akzeptieren
Bei vielen entsteht zunächst große Erleichterung, wenn sie plötzlich erkennen, dass sie nicht „überempfindlich“ oder „komisch“ und schon gar nicht alleine mit ihrer Hochsensibilität sind. Nach dieser Erkenntnis geht es darum, die eigene Charakterstruktur besser verstehen zu lernen, diese anzunehmen und entsprechend zu handeln. Reizüberflutung und Erschöpfung können vermieden werden – wenn man sinnvolle Gewohnheiten entwickelt, gesunde Grenzen setzt und bewusste Entscheidungen trifft. Es gilt mit den Herausforderungen der Hochsensibilität aktiv umzugehen und die positiven Aspekte, die sie mit sich bringt, für sich zu nutzen. Hochsensible verfügen über ein enormes kreatives und intuitives Potenzial – Qualitäten, die diese Welt dringend braucht.
Susanne Moeberg, Coach, Achtsamkeitslehrerin und Autorin, setzt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Hochsensiblität auseinander und hat mehrere Bücher dazu geschrieben. Sie weiß: „Die Herausforderung besteht darin, die eigenen Signale zu erkennen und zu lernen, Stopp zu sagen, bevor Ihnen die Energie ausgeht.“
Tipps für Hochsensible
Sich nicht als Außenseiter definieren
Jeder Mensch ohne Ausnahme kennt Stress, Erschöpfung und Überreiztsein. Darauf reagieren wir alle ziemlich ähnlich. Bei Hochsensiblen geschieht es einfach häufiger und schneller, weil es weniger braucht, bis sie überreizt sind.
Den Schließpunkt erkennen
Besonders sensible Menschen erreichen rascher einen Punkt an dem sie nichts mehr aufnehmen können. Diesseits des Schließpunktes leben sie die positive Version ihrer selbst. Jenseits davon wartet die schlechteste Version. Man bleibt hinter den eigenen Möglichkeiten zurück, reagiert unangemessen und ist nicht der Mensch, der man gerne sein möchte. So kann es passieren, dass man in sich selbst zur Überreizung beiträgt.
Das richtige Maß finden
Zu viel Anstrengung erschöpft und stresst Ihr Nervensystem. Auf der anderen Seite kann zu wenig Stimulierung durch Isolierung und Rückzug dazu führen, dass Sie noch empfindlicher werden. Finden Sie die richtige Balance für sich selbst.
Spiritualität als Quelle nutzen
Vielen hochsensiblen Menschen ist eine natürliche Offenheit für Spiritualität und spirituelle Erfahrungen zu eigen. Sie fühlen sich als Teil eines größeren Ganzen, das mehr als nur die physische Welt einschließt. Spiritualität kann eine wunderbare Quelle von Lebendigkeit und innerem Frieden sein.
aus: Susanne Moeberg, „Ja, ich spüre mehr!“, siehe Literaturtipp
Auch hier ist, wie so oft, das Kultivieren von Achtsamkeit hilfreich und heilsam. Wer im gegenwärtigen Moment präsent ist und den Gegebenheiten gleichmütig begegnen kann, ist vor Überreizung in der Regel geschützt. Wer lernt seine Grenzen wahrzunehmen und zu akzeptieren, erschöpft sich nicht.
Weiterlesen:
Susanne Moeberg: Ja, ich spüre mehr! – Gut leben mit Hochsensibilität, Scorpio Verlag 2016, EUR 12,99, ISBN 978-3-95803-044-2