Krishna Das, einer der bekanntesten spirituellen Musiker weltweit, kommt im Juli nach Deutschland. Wir sprachen mit ihm über Donald Trump und die Möglichkeit, ihn in die spirituelle Praxis mit einzubeziehen.
YOGA AKTUELL: Momentan schauen wir alle gespannt nach Amerika. Wie geht es dir mit eurem neuen Präsidenten und der momentanen Situation in deinem Land?
Krishna Das: Es ist sehr interessant, was da passiert. Ich denke in diesem Kontext immer wieder an seine Heiligkeit, den XIV. Dalai Lama. Jemand fragte ihn, wie er Frieden finden könne bei all dem, was man ihm angetan hat. Daraufhin hat er geantwortet: „Die Chinesen haben mein Volk abgeschlachtet und mich dazu gezwungen, ins Exil zu gehen. Soll ich mir von ihnen etwa auch noch meinen inneren Frieden nehmen lassen?“
Das Einzige, was wir tun können, ist, uns immer wieder zu fragen: Wie gehe ich bewusst mit dem um, was gerade passiert? Das ist die einzige Möglichkeit. Egal, was im Außen passiert, so ist es einfach wichtig, wie wir darauf reagieren und was unsere Absicht ist. Wenn wir aus Angst, Wut oder Zorn heraus reagieren, tun wir uns selbst nicht gut damit, und unserer Umgebung auch nicht.
Und wie versuchst du selbst, damit umzugehen?
Ich versuche einfach, mein Herz offen zu halten und einen klaren Kopf zu behalten, so gut ich eben kann. Amerika hat diesen Mann gewählt. In Deutschland gab es ebenfalls ein paar sehr eigenartige Führer. Überall auf der Welt kommt es irgendwann dazu, dass ein solcher Mensch an die Regierung kommt. Viele Menschen hier in Amerika tragen Wut in sich, und das hat sie dazu veranlasst, Trump zu wählen. Er agiert auf eine sehr simple und offensichtliche Weise und spricht damit all die Menschen an, die politisch rechts sind. Das ist natürlich sehr tragisch.
Wir sind alle Menschen. Ich habe George Bush gehasst. Es war sehr einfach, ihn zu hassen. Und jetzt würde ich ihn mir als Präsidenten zurückwünschen (lacht). Während seiner Präsidentschaft habe ich mir die Live-Übertragung eines Nachrichtenmagazins angesehen. Es war das erste Mal, dass Bush eine Gruppe von Witwen von Soldaten aus dem Irak-Krieg traf. Er ging in diesen Raum, in dem sie auf ihn warteten. Der ganze Raum war voll von Witwen. Und als er sich umschaute, begann er plötzlich bitterlich zu weinen. In dem Moment konnte ich diesen Mann nicht mehr länger hassen.
Es war deutlich zu sehen, dass seine Handlungen so viel Leid verursacht hatten. Plötzlich wurde mir bewusst, dass es zwei Ebenen waren, auf denen er hatte handeln müssen. Einmal war es die politische Ebene, und die andere war die karmische Ebene. In dem Moment, in dem ich ihn in diesem Kontext sah, konnte ich das Ausmaß seiner Handlungen einfach in einem viel umfassenderen Maße erkennen. Da war es mir nicht mehr möglich, ihn weiter zu hassen. Ich empfand nur noch ein sehr großes Mitgefühl für ihn.
Und noch etwas. Er hatte ja keine Ahnung davon, dass es überhaupt noch eine andere Möglichkeit gibt, zu leben. Er weiß ja gar nicht, dass es auch möglich ist, nicht unmittelbar blind auf alles zu reagieren. Das gilt aber nicht nur für ihn, sondern für uns alle.
Ich möchte hierzu gerne noch etwas sagen: Ich bin zweimal zusammen mit dem Zen-Meister Bernie Glassman nach Auschwitz gereist. Diese Retreats waren den Seelen gewidmet, die dort umgekommen sind. Jedesmal, wenn ich dort herumlief, stieg Wut über das Gesehene in mir auf. Ich war wirklich sehr wütend! Es waren wunderschöne Herbsttage. Die Sonne schien, und das Laub war wunderschön verfärbt. Ich schaute die Sonne an und sagte wütend: „Wie kannst du es wagen, so schön zu scheinen!“ Ich war wütend darüber, dass sie jeden Tag scheint! Dann plötzlich realisierte ich: Es ist die Natur der Sonne, zu scheinen. Da schoss mir der Gedanke durch den Kopf: Was wäre aus mir geworden, wenn ich in Nazi-Deutschland geboren worden wäre? Wäre ich tatsächlich anders gewesen als diese Nazis? Ich kann nicht sagen, ob ich tatsächlich so viel anders oder besser gewesen wäre als diese Menschen. Ich habe aufgrund meiner eigenen vorangegangenen Handlungen ein anderes „Karma-Paket“. Das ist alles. Wenn ich jedoch ein anderes „Paket“ gehabt hätte, hätte ich vielleicht ganz anders gehandelt, wenn ich dort gelebt hätte. Vielleicht wäre ich sogar der Schlimmste von allen geworden. Was wissen wir schon! Wir haben überhaupt keine Garantie dafür, dass wir uns besser verhalten würden als irgendjemand anderes. Dessen sollten wir uns immer wieder bewusst werden. Jeden Tag sollten wir unsere Verpflichtung erneuern, so gut zu sein wie eben möglich. Es ist nichts, was dir in die Wiege gelegt wird und dann immer da ist.
Vielen Dank für das Gespräch!