Tag für Tag, Nacht für Nacht, zu allen Zeiten sucht der Mensch das stille Örtchen auf, um sein Geschäft zu verrichten. Für gewöhnlich ziehen wir uns dabei zurück, wollen allein sein, in der Stille, für kurze Zeit, entblößt und nackt, vor allem an jener Stelle, die wir für gewöhnlich am meisten bedeckt halten. Wir sind allein mit uns, die Augen zum „Geschäft“ meist geschlossen und den Blick konzentriert nach innen gerichtet. Der Atem geht in eigenartig verändertem Rhythmus, unterbrochen von kleinen, pressenden Atemstillständen, die im Yoga „Kumbhaka“ genannt werden und als „kleine Todeserfahrungen“ auf jene überaus dichte Substanz hinweisen, derer wir uns dabei entledigen wollen und müssen. „Müssen“ deshalb, weil wir ständig etwas in uns aufnehmen, uns an etwas mit unterschiedlicher Dichte speisen und nähren – physisch, emotional und mental –, das nach komplizierten Stoffwechsel-, Verdauungs- und Verwertungsprozessen an einem gewissen Punkt so dicht für uns geworden ist, dass wir es ausscheiden müssen, um daran in unserem inneren Wesen nicht vergiftet und verstopft zugrunde zu gehen.
Diesen für uns dichtesten aller Stoffe sprechen wir klangsprachlich mit dem Wort „Scheiße“ an. Dass dieser Dichtstoff nicht nur physisch vorkommt, sondern auch in unserem emotionalen Erleben sowie als mental denkendes Substrat existiert, weiß jeder, der schon einmal „Scheiße gebaut“ bzw. „Scheiße erlebt“ hat, oder in bestimmten, besonders widrigen Lebenssituationen laut „So eine Scheiße!“ ausgerufen hat. Deshalb ist es für yogische Stoffwandlungsprozesse von großer Bedeutung, sich mit derselben auseinanderzusetzen im immer weiter sich entwickelnden Wesensbedürfnis, Körper, Seele und Geist aus allzu verdichteter, grober Starre Schritt für Schritt zu entdichten, zu verfeinern und in feinste geistige Anwesenheit – in unsere „himmlische Wesenheit“ – zu verwandeln.
So sind wir Menschen auch als „Dichter und Denker“ erschaffen, was ein und dasselbe ist. Das Denken verdichtet unfassbaren Geiststoff zu Gedankenstoff und erschafft sich so träumend seine fassbare, ja anfassbare Welt, als physisch gewordenes „Gedicht“, sozusagen. Unsere Schöpfungsgedichte können dabei wunderschön und faszinierend sein, aber auch grausam und schrecklich, und uns durch ihre Kraft derart ergreifen, dass wir uns in ihrem verdichteten Dickicht verirren, verlieren und schließlich darin versumpfen.
Im tiefen Abort seines selbst erschaffenen Welten(alb)-traums ist der Mensch mit seiner Angst oder seinem „Schiss“ konfrontiert. So entsteht aus jedem lichtlosen, „dichten“ Gedanken, der seine liebende Verbundenheit mit seinem göttlichen All-Wesen nicht kennt und nicht erkennen will, am Ende immer unweigerlich ein „Fa-schis-mus“, der, um den d(h)armischen Fluss der Schöpfung nicht zu verstopfen und zu vergiften, ausgeschieden werden muss. Mit all seinem Gestank, seinem Gift, seiner Grobheit und Ignoranz.
Wie aber können die Kräfte und Weisheiten des Yoga in den finsteren Dichtungen des „Fa-schis-mus“ Heilung und Wandlung bewirken?
Fascis (lat. = Rutenbündel) ist das lateinische Wort, auf dem der Begriff Faschismus fußt. Das Wort „Faszie“ leitet sich ebenfalls daraus ab und bezeichnet das weiche Bindegewebe, das den ganzen Körper als ein umhüllendes und verbindendes Netzwerk durchdringt. Verklebt das Gewebe, indem z.B. die Faszien sich in ihren Bündelungen zu dicht zusammenrotten und zu einseitig, zu starr werden, können starke körperliche Ungleichgewichte, Spannungen und Schmerzen auftreten. Yoga weiß um die Möglichkeiten, aneinanderklebende Faszienbündel zu lockern, zu lösen und die zu dicht gewordenen Fasern zu lichten.
Nun ist das körperliche Symptom dicht verklebter Faserbündel nur der sichtbare bzw. spürbare Ausdruck von zu sehr an dichten und trennenden Kräften orientierten Gedanken und Gefühlen. Gedanken und Gefühle, die nicht mehr mit unserem gottlebendigen Wesen harmonieren. Faszien durchweben auch als feinstoffliches, unsichtbares Gewebenetz auf allen Ebenen die gesamte erschaffene Schöpfung mit all ihrem „faszi-nierenden“ Leben in AllVerbundenheit. Treten in diesem kosmischen Webteppich an manchen Stellen Webfehler, Löcher, Verfilzungen und Verknotungen auf, kommt der Webfaden gar abhanden oder reißt gänzlich ab, so dass die Webmuster unseres göttlichen Wesens immer unkenntlicher werden und ihr Verlauf unklarer wird – dann ist es an der Zeit, innezuhalten und den yogischen Ort der inneren Stille aufzusuchen.
Hier, im heiligen Raum der stillen Innenschau, können die zu dicht gewobenen Bündelungen in uns betrachtet werden, kann das Lichte im Dunklen gerufen und mit seiner Hilfe das Dichte gewandelt werden. Vielleicht lässt sich so die leichte, lichte „Faser“ im verdichteten Bündel wieder erkennen und somit im „Bund“ das wahrhaftige und vielfältige „Bunt“ offenbar werden. Dies strömt immerzu aus der einen „Licht-Faser“ und ergießt sein prismatisches Spektrum in die Welt. Und vielleicht offenbart sich uns in dieser „Faser“ auch der „Father“, die alles durchdringende göttliche, allgeistige Kraft, die wir bei uns im Westen gerne als himmlischen „Vater“ bezeichnen, dessen Wortklang aus dem alten indoeuropäischen „pater“ bzw. „petor“ zu uns noch herüberschwingt. „Petor“ bedeutet „Flügel“ und ruft die Kraft unseres himmlischen, geflügelten Wesens in den Schöpfungsraum.
In der feder-feinen Anwesenheit unseres himmlischen Wesens, unseres „Phedor-Wesens“, sind wir Menschen nun „father-nackt“ – so wie uns Gott geschaffen hat.