Erfahre in diesem Buchauszug aus Swami Saradanandas „Atem. Kraftquelle Deines Lebens. Klassische Übungen aus dem Pranayama“ Spannendes über Prana Vayu, den vitalisierenden Atem. Die Pranayama-Expertin gibt darin wichtige Tipps sowie Anleitungen für gezielte Atemübungen.
Die erste der fünf Umwandlungsformen von Prana, jener treibenden Kraft, die hinter jeder Energie steht, die durch unseren Körper fließt, wird ebenso Prana genannt. Yogalehrer werden Ihnen bestätigen, dass Sie bei jedem Einatmen diese Lebensenergie mit der Atemluft einsaugen. So wie Sie Sauerstoff brauchen, damit der Körper überlebt, so brauchen Sie Prana, um den Geist und die Emotionen am Leben zu halten. In diesem Kapitel erfahren Sie, wie dieses vitalisierende Prana Sie befähigt, nicht nur Luft in die Lunge einzuatmen, sondern auch die verschiedensten Reize aufzunehmen: optische und akustische, Gerüche oder Gefühle, Ideen und Erkenntnisse. Prana Vayu enthält nämlich den Grundstimulus, der alle Dinge in Gang setzt. Im Zuge dessen steigert Prana Vayu auch Ihre Wertschätzung für und Ihre Freude am Leben. Es erschließt Ihrem Herzen und Geist viele neue Horizonte, ganz gleich, ob diese Ihre persönliche Kreativität und Produktivität in der Arbeit oder Ihre Beziehung zu anderen Menschen und zur Umwelt betreffen.
Die dynamische Lebenskraft
Wenn Sie sich Ihren Körper als Fabrik vorstellen, ist Prana Vayu die federführende Person. Als Chef der fünf Energiearten, die Ihren Körper durchströmen, ist der eindringende Atem (Einatmen) für alle Anschaffungen und den Überblick über die Rohstoffzufuhr verantwortlich. Wenn Prana diese Arbeit nicht mehr verrichtet, wird das Werk geschlossen. Prana ist die Ursprungsquelle aller Energie im Universum. Ob diese Energie sich als Hitze, Sonne, reißendes Wasser oder Wind manifestiert, alle Naturgewalten sind Manifestationen von Prana. Im Körper erstreckt sich der stärkste Einfluss dieses vitalisierenden Atems von Lunge und Herz bis zur Nase. Prana gibt der Lunge die Fähigkeit, jegliche Form von Prana aufzunehmen, den Augen, die Energie zu sehen, den Ohren das Vermögen, zu hören, und dem Geist die Macht, die Welt zu verstehen. Prana nährt das Gehirn, da es die Funktion des Nervensystems überwacht. Falls Sie häufig gestresst oder erschöpft sind, mag dies daran liegen, dass Sie zu wenig Prana aufnehmen oder dieses vergeuden oder verkümmern lassen – etwa durch Überarbeitung, lange Nächte vor dem Computer oder dem Fernseher oder in Räumen, in denen die Klimaanlage oder Mikrowelle läuft, denn all dies vermindert Prana. Vergleichen Sie, wie müde und ausgezehrt sie sich oft in diesen Situationen im Gegensatz zu einem pranareichen Ort, wie am Meer oder auf einem Berg, fühlen. Alten Yogaschriften zufolge sind Krankheitssymptome Manifestationen eines reduzierten Pranaflusses in bestimmten Teilen des Körpers.
DEN VERLUST VON PRANA IN DER ARBEIT EINDÄMMEN Um den Pranaschwund bei langen Arbeitszeiten am Computer einzudämmen, stellen Sie in der Nähe einen Kaktus oder eine Graslilie auf, die Sauerstoff produzieren und die abgestandene Luft energetisieren. Sehen Sie diese auch als optische Erinnerung daran, sich eine kleine Pause für Atemübungen zu gönnen. |
Obwohl ein solcher Pranaschwund für gewöhnlich allmählich vor sich geht, können seine Auswirkungen manchmal sehr offensichtlich sein. Wenn Sie einen Schock erleiden, kann dies etwa dazu führen, dass Sie sehr schnell Gewicht verlieren, das Haar über Nacht grau wird oder ein Organ „seinen Geist aufgibt“, wie etwa bei einem Herzinfarkt. Die Praxis der Atemübungen in diesem Kapitel lehrt Sie, den Pranafluss im Körper bewusst wahrzunehmen. Wenn Sie mit vollem Gewahrsein atmen, können Sie mehr Lebensenergie aus dem Atem ziehen und diese bewusst dorthin lenken, wo sie gerade nötig ist. Wenn Sie die Übungen regelmäßig ausführen und mit ihnen vertraut werden, werden Ihnen wahrscheinlich Veränderungen Ihrer Körperfunktionen und der Weise, wie Sie die Fülle des Lebens erfahren, auffallen. Sogar Ihr Erscheinungsbild könnte sich verändern, da Sie lebendiger, frischer und jugendlicher wirken.
MIT DER PRANA-ENERGIE ARBEITEN
Stellen Sie sich bei den Atemübungen in diesem Kapitel folgende Fragen. Sie können Ihnen helfen, herauszufinden, wo Sie Prana verlieren und wie Sie sich damit aufladen können.
- Atme ich tief und voll und nutze meine ganze Lungenkapazität?
- Nähre ich meinen Körper und Geist mit Prana in Form von frischer Luft, gesundem Essen und anregenden Ideen?
- Kann ich die Schönheit um mich herum aufnehmen? Wie stärkt sie mich?
- Neige ich dazu, mehr in mich „hineinzufressen“, als ich verdauen kann? Schwächt dies mein Prana?
- Ist mein Leben chaotisch? Liegt es daran, dass ich meine Energie nicht lenken kann?
- Erlaube ich anderen Menschen, mich emotional auszulaugen? Oder ziehe ich am Prana anderer Menschen, da ich unangemessene Ansprüche an sie stelle?
- Verschwende ich Zeit, da ich abglenkt und zerstreut bin? Oder erlaube ich anderen, meine Zeit zu stehlen?
SICH PRANA ZUNUTZE MACHEN Mussten Sie schon jemals jemanden etwas Unangenehmen sagen, das jedoch nötig war? Erinnern Sie sich, wie Sie sich darauf instinktiv vorbereitet haben. Wahrscheinlich haben Sie tief eingeatmet, einen Moment innegehalten, dann mit einem tiefen Seufzer gedacht: „Gut, bringen wir es hinter uns.“ Falls dies so war, haben Sie sich unbewusst Prana zunutze gemacht. Durch das Anhalten des Atems haben Sie wirkungsvoll eine „Extraladung“ Energie getankt, die Ihnen half, die unangenehme Aufgabe zu bewältigen. |
PRANA-VISUALISIERUNG: Prana in sich aufnehmen
Die (folgende) Atemvisualisierungsübung lenkt die Aufmerksamkeit auf die Zentrale von Prana Vayu im Körper, die sich im »Dritten Auge«, dem Ajna Chakra, in der Mitte der Stirn befindet. Dieses Energiezentrum kontrolliert die Sinne, das Bewusstsein und Unterbewusstsein sowie das Selbstgefühl. Von dieser Kommandozentrale an der Stirn bewegt sich diese treibende Energie des Prana nach innen und unten bis in die Lungenspitzen, wo sie als Hauptschalter fungiert, durch den alle anderen feinstofflichen Energien in Gang gesetzt werden. Behalten Sie die Idee des hereinströmenden Atems beim Ausführen der Übung im Geist. Sie können sich Prana als einladende Figur vorstellen, die die Tür öffnet und bei jedem Einatmen Energie hineinlässt, etwas Nahrung oder Wasser zu sich nimmt oder sich eine Idee anhört. Vertrauen Sie darauf, dass diese Figur die hereinströmende Energie zum richtigen Bereich weiterleitet, wo diese zweckdienlich eingesetzt wird – sei dies die Lunge, der Magen oder der Geist. Sie können die Prana Atemübung immer und überall ausführen; sie ist jedoch besonders wirkungsvoll, wenn Sie einen Energiemangel spüren und Ihre Batterien aufladen möchten. Sie können die Übung auch mit der Wechselseitigen Nasenlochatmung kombinieren.
PRANA-ATEMÜBUNGSetzen Sie sich bequem, wenn möglich im Meditationssitz, hin. Ziehen Sie die Schulterblätter zur Taille, um das Brustbein zu heben, damit sich der Brustkorb beim Atmen frei bewegen kann.
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Zum Weiterlesen:
Dieser Auszug stammt aus dem Buch „Atem. Kraftquelle deines Lebens. Klassische Übungen aus dem Pranayama“ von Swami Saradanda und wurde uns mit freundlicher Genehmigung vom Trias Verlag zur Verfügung gestellt.
Termintipps: Swami Saradanda gibt laufend Kurse bei Yoga Vidya in Bad Meinberg. Eine Übersicht über ihre nächsten Termine dort findest du hier.