„Tränen des Segens“: Als junge Frau folgte die spätere Asketin Narvada Puri dem starken inneren Ruf nach Indien. Dort widmete sie ihr Leben konsequent der Hingabe.
Da kommt sie, das Versprechen Gangas“, sagt der Asket zu einem seiner Schüler, als er die junge Frau erblickt, die sich ihnen über die schmale Brücke nähert. Er hat sie schon erwartet. Es ist September 1969. Der Naga-Baba Santosh Puri hat die letzten zwanzig Jahre hier, auf einer kleinen Insel im Norden Haridwars, sein wildes, freies Sadhu-Leben meditierend mit einer Handvoll Kühen verbracht. Aber ab diesem Moment verändert sich alles.
Für die Läuterung verwandeln sich alle Leiden und Entbehrungen in eine Lehre.
Narvada Puri
Die junge Frau ist 24 Jahre alt und hat in ihrem Geburtsland Deutschland alles hinter sich gelassen, um per Anhalter nach Indien zu reisen und dort den Sinn des Lebens zu finden. Mit sich trägt sie nur einen Schlafsack, einen Schal, eine Flöte und das I-Ging. Ihr Herz erkennt ihn sofort. Mit zwölf Jahren hatte sie einen Traum, von einem langen, weißen Bart und Augen, die jenseits der Welten weit hinter die Wolken blicken. Der Kopf hatte eine Aura des Lichts um sich, die den unbeschreiblichen Frieden des Sehers ausstrahlte. Der Ruf Indiens manifestierte sich in ihrer Seele.
Für immer ins Herz graviert
Zwölf Jahre später zog sie los und kam schließlich in Benares (Varanasi) an. Dort hatte sie gleich am nächsten Tag eine Einheitserfahrung, die ihr gesamtes Leben veränderte und sie dazu antrieb, den Rest ihrer Zeit damit zu verbringen, diese Glückseligkeit wiederzufinden. „In einer Minute eine Vision von Lord Shiva?“, schrieb sie damals. „Wie ist das möglich? Ein unwichtiger Hippie, verrückt und dumm und unrein, wird von dem Herrn selbst umarmt, welcher seinen Namen, Shiv, für immer in ihr Herz graviert!“
Sie reiste weiter nach Darjeeling, Kolkata, Bodhgaya, Kathmandu und Amarnath, wo sie die Höhle von Shiva und Parvati besuchte und weitere spirituelle Erfahrungen machte. Unterwegs traf sie Gurus und Sadhus, aber der Weise aus dem Traum hatte ihren Weg bis jetzt nicht gekreuzt. An ihrem Geburtstag orakelte das I-Ging: „Der Meister muss gefunden werden.“
Eine Vision des Naga-Babas
Zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die junge Frau Deutschland verließ, sah Santosh Puri, der […]