Wir alle wollen glücklich sein und am besten auch ein bisschen heilig. Aber manchmal gibt es Zeiten, da kleben die erdrückenden Grübeleien und negativen Zukunftsgedanken an unserem Geist wie Fliegen am Leim. In einem solchen Fall hilft nur eins, um sie loszuwerden: Nimm sie an! Und zwar alle! Dann wird es heller in deinem Kopf und der Kampf gegen dich selbst kommt zum Ende.
Instinktiv negativ …
Der Dalai Lama erklärte einmal, dass wir tendenziell lieber den Blick auf das Negative richten. Die dunklen, destruktiven Gedanken hätten sogar eine regelrechte Sogkraft und würden uns das Leben schwer machen, wenn wir uns dessen nicht bewusst werden. Wissenschaftler bestätigen die Aussage seiner Heiligkeit übrigens. Sie haben ebenfalls herausgefunden, dass wir tendenziell eine Vorliebe für Negatives haben. Sie haben dafür folgende Erklärung: Wenn wir den Blick auf Negatives richten, so ist dies gesund da unser Gehirn normalerweise stärker auf einen negativen Reiz, als auf einen positiven Impuls der gleichen Stärke reagiert. Früher war eine solche Reaktion für unsere Vorfahren überlebensnotwendig. Vor Millionen von Jahren war es zur Sicherung des Lebens wichtiger, unmittelbar zu erkennen, ob es sich bei dem Schatten am Wegrand um einen Säbelzahntiger handelt, anstatt sich an den blühenden Blumen zu erfreuen, die dort standen.
Auch wenn wir heute nicht mehr in Höhlen hausen und wir viel sicherer leben, so denken wir immer noch wie unsere Ahnen und Vorfahren.
Ob dies auch für dich gilt, kannst du gleich hier und heute überprüfen: Woran erinnerst du dich, wenn du jetzt an das letzte Weihnachtsfest zurückdenkst? Oder was taucht vor deinem inneren Auge auf, wenn du den letzten Monat noch einmal gedanklich durchspielst? Kamen dir gleich die dreißig Sachen in den Sinn, die du gut gemacht hast? Oder ist dir gleich das Erlebnis bewusst geworden, dass anstrengend war oder nicht so gut gelaufen ist? Denkst du mehr an eine schwierige Asana, die du nach langem Üben in deinen Augen immer noch nicht hinkriegst, oder erinnerst du dich gleich an die vielen Übungen, die dir leicht fallen? Fällt dir eher eine kritische Äußerung eines Yogaschülers zu der letzten Stunde ein, die du gehalten hast, oder die zehn Komplimente, die du von Teilnehmern erhalten hast? Den meisten Menschen fallen eher die kleinen Misserfolge ein. Dir auch?
Das ist normal. Die meisten Menschen reagieren so, weil es evolutionsbedingt sogar gesund und normal war, wenn man so denkt. Du könntest dich sogar dafür loben, dass dein Gehirn sofort tendenzielle Gefahren sichtet und alles scannt, um dein Überleben zu sichern. Eigentlich gut, oder?!
Werde dir deiner Konditionierungen bewusst
Es ist gut, dass unser Gehirn so arbeitet. Aber jetzt beginnt die Arbeit: Es zu bemerken, dass du wieder negativ denkst, dich kritisierst oder dich über die Maßen ärgerst, das ist die Kunst. Es ist auch gut, wenn du mitkriegst, dass du gedanklich nach fünf Minuten immer noch in einer Geschichte hängst, die zu einem kleinen negativen Gedanken gehört.
Wenn du dies bemerkst, dann nimmst du dich bereits aus der Perspektive einer inneren Beobachterin oder eines Beobachters wahr. Dieses immer öfters bei sich zu schaffen, ist die Kunst – und die Arbeit zugleich. Denn unser Geist ist sehr subtil und häufig bemerken wir es erst recht spät, wenn wir uns schon wieder in irgendwelchen gedanklichen Dramen verloren haben, oder die Schuld bei den anderen suchen, anstatt zu erkennen, dass wir selbst diejenigen sind, die das halb leere Glas sehen anstatt dem halb vollen.
Wenn es dir also gelingt, zu erkennen das du dich ärgerst, dann ist dies ein wunderbarer erster Schritt. Und wenn es dir dann gelingt, ihn mit Abstand zu betrachten und zu überprüfen, ob er gerechtfertigt ist oder nicht, dann ist dies ein guter zweiter Schritt. Und wenn du den Ärger dann loslässt, dann ist dies der wichtigste Schritt.
Wenn du Aufmerksamkeit umlenkst, entschärfst du den negativen Gedanken und bist wieder frei, hast die Wahl worauf du deine Aufmerksamkeit dann richtest.
Nimm dich nicht ganz so wichtig
Meistens sind es übrigens veraltete Glaubenssätze, die dazu führen, dass du aus einem negativen Gedanken eine ganze Geschichte spinnst und du einen Menschen verurteilst oder selbst dem schönsten Vorhaben eine negative Bewertung gibst. Falsche Vorstellungen, überzogene Erwartungen und unrealistische Wünsche lassen negative Gedanken zu dunklen Szenarien aufbauschen. Wir unterstellen Menschen im Geiste etwas Negatives oder sehen schon bei einem Vorhaben das dicke Ende, obwohl keine Anzeichen für etwas zu erkennen sind, was in diese Richtung weist.
Mach dir also immer wieder deine Denkmuster bewusst. Dann nimmst du ihnen bereits die Macht. Stehe dazu, dass du dich ärgerst, neidisch oder eifersüchtig bist und Missgunst dich eng macht. Je eher du dazu stehst, desto eher nimmst du ihnen die Macht. Nimm den Gedanken also einfach nur wertfrei als einen Gedanken wahr. Benenne ihn mit „Denken. Denken“ oder mit „Ärgern. Ärgern“ und wende dich etwas anderem zu: dem nächsten Atemzug, deiner Tasse Tee, deiner Yogapraxis. Lenke deine Aufmerksamkeit einfach nur um. Auch hier hatte der Dalai Lama eine gute Empfehlung. Er meinte, dass wir uns nicht auf zwei Gedanken gleichzeitig konzentrieren können. Wenn du Aufmerksamkeit umlenkst, entschärfst du den negativen Gedanken und bist wieder frei, hast die Wahl worauf du deine Aufmerksamkeit dann richtest.
Es dauert eine Weile, bis wir uns der Gedanken mehr und mehr bewusst werden, sie akzeptieren und uns nicht mehr ganz so lange darin verlieren. Mach dir bewusst, dass es am Anfang der Übung schon eine großartige Leistung ist, wenn du es fünf Mal am Tag bemerkst, was und wie du denkst. Du wirst sehen, dass es dir leichter fallen wird, wenn du dich nicht stresst. Sei gut zu dir und lenk deine Aufmerksamkeit um, sobald du dich in negativen Szenarien verlierst. Und dann geh einfach weiter. Von Augenblick zu Augenblick. Von Gedanke zu Gedanke.