Das Besondere am Ayurveda, der alten Lebens- und Heilkunde Indiens, ist seine umfassende Sicht auf das Leben. Wie der Yoga beruht er auf einem umfassenden Menschenbild, das uns auch die Entstehung psychischer Störungen verstehen lässt.
Nach der Charaka-Samhita, dem ältesten Lehrbuch des Ayurveda, lässt sich der Mensch in drei Dimensionen beschreiben:1
- als körperliches Wesen – SHARIRA
- als psychisches Wesen – SATTVA
- als Selbst – ATMAN
Krankheiten können physischer und psychischer Natur sein. Sie können von außen kommen, familiär vererbt oder durch falsches Verhalten entstanden sein. Körperlichkeit und Psyche stehen dabei in ständiger Wechselwirkung.2 Das Selbst wird im Ayurveda – analog zur Samkhya-Philosophie, die ja auch dem Yoga zugrunde liegt – als eine Wirklichkeit beschrieben, die frei von Krankheit ist. Dies bedeutet, dass jeder Mensch ein Heilungspotenzial in sich trägt, zu welchem er einen Zugang finden kann.
Wer in seinen Lebensgewohnheiten, in der Ernährung und in seiner Yogapraxis darauf achtet, Ungleichgewichte immer wieder auszugleichen, der kann als Frucht dieser Handlungsweise mehr Wohlbefinden ernten. Potenziell kann alles einerseits stärkend und nährend wirken, andererseits aber auch die Balance stören. Es kommt also darauf an, den Lebensstil an die gegebenen Umstände und Einflussfaktoren anzupassen; daher ist der Ayurveda in vielen Lebensregeln flexibler als viele Yogarichtungen.
Was auf der geistigen Ebene positiv ist, z.B. die geistige Flexibilität und Beweglichkeit von Sattva, zeigt sich auf der körperlichen Ebene als Instabilität von Vata, was bei der Entstehung der Krankheiten eine große Rolle spielt. Umgekehrt zeigt sich die geistige Langsamkeit von Tamas auf der körperlichen Ebene als ein positiver Wert, denn Kapha beinhaltet eine sehr stabile Konstitution, die nicht so leicht aus der Bahn geworfen werden kann. Vata-Menschen befassen sich viel mit ihrer Gesundheit, sie spüren ihr Ungleichgewicht, neigen manchmal auch zur Dramatisierung ihres Zustandes, wohingegen sich Kapha-Menschen häufig kaum um ihre Gesundheit kümmern. Sie fühlen sich fest im Sattel und sind es häufig auch. Bei guten Anlagen zeigen sich erst im fortgeschrittenen Alter die Folgen ihres Lebenswandels – wenn überhaupt.
Wenn es uns darüber hinaus gelingt, eine Sensibilität für die vielfältigen Einflüsse zu entwickeln, die das Gleichgewicht der Lebenskräfte fördern oder stören, dann kann dies unser Gleichgewicht stabilisieren und Störungen zum Verschwinden bringen.
Ursachen von psychischen Störungen
Grundsätzlich ist es nicht […]