Körperliche, energetische, geistige und transpersonale Ebene bilden das Gesamtfeld des Yoga. Sich diese vier Bereiche bewusst zu machen, bringt Klarheit in die verwirrende Vielfalt der verschiedenen Definitionen des Yogabegriffs, die sich oft nur auf einzelne Felder beziehen.
Dass der Begriff des Yoga schon seit jeher unterschiedlich definiert wurde1, hat Offenheit, Vielfalt und Anpassungsfähigkeit mit sich gebracht, aber auch Verwirrung, Einseitigkeit, Intoleranz und Missbrauch. Eine für mich nachvollziehbare Klarheit brachten dabei zwei Erklärungsmodelle:
a. Die Unterteilung des Yoga in den körperlichen, den energetischen, den mentalen und den spirituellen Bereich.2
b. Die fünf Koshas, die Hüllen der menschlichen Existenz:
—Annamaya-Kosha (feststoffliche Hülle)
—Pranamaya-Kosha (Energiehülle)
—Manomaya-Kosha (geistige Hülle)
—Vijnanamaya-Kosha (Erkenntnishülle)
—Anandamaya-Kosha (Hülle der Glückseligkeit)3
Dadurch ist es möglich, nicht nur belegbare historische Fakten des Yoga abzudecken, sondern auch alte philosophische Definitionen und moderne Trends. Vielleicht ist folgende Unterteilung und Erläuterung für den heutigen Freizeit-Yogi und für den Halbzeit-Yogalehrer leichter nachvollziehbar als jene Definitionen, die in den klassischen Texten beschrieben sind. Denn wer im Westen – außer Sanskrit-Professoren, Indologen und crazy Yoga-Freaks – versteht wirklich die religiösen, philosophischen, historischen und kulturellen Zusammenhänge und deren unterschiedliche Ausprägungen, sei es in der Bhagavad-Gita, den Yoga-Sutras, der Hatha-Yoga-Pradipika, den Upanishaden oder den späteren Yogatexten?
Folgende vier Yogabereiche werde ich hier erläutern:
1 Körperlicher Aspekt
(Asanas)
2 Energetischer Aspekt
(Pranayama)
3 Geistiger Aspekt
(Meditation)
4 Transpersonale Erkenntnis
(Jnana-Yoga)
1 Der körperliche Aspekt
des Yoga ist heutzutage bei uns am bekanntesten. Auch wenn er erst im Mittelalter über die revolutionäre Gegenbewegung des Tantra unter dem Begriff „Hatha-Yoga“ an Bedeutung gewonnen hat, wird er mittlerweile oft als Synonym für Yoga verwendet. Dabei waren die Hatha-Yogis von einst weder an Gymnastik, Wellness oder Therapie interessiert noch auf Asanas fixiert.4
Dass sich der körperlich ausgerichtete Yoga im letzten Jahrhundert und vor allem im Westen wie ein Lauffeuer ausgebreitet hat, hat nicht zuletzt mit unserer materialistischen Einstellung und unseren körperbetonten Gesundheits- und Schönheitsidealen zu tun. Dazu kommt ein moderner Lifestyle, bei dem unsere physischen (und seelischen) Bedürfnisse viel zu kurz kommen. Verstehen wir allerdings unter Yoga in erster Linie Asanas als achtsame Gymnastik, dann werden wir nur die Oberfläche des Yoga berühren … wenn überhaupt.
Beim körperlichen Aspekt geht es […]