Tantra-Yoga ist nicht das, wofür es im Allgemeinen gehalten wird. Es ist eine tiefgreifende yogische Disziplin, die sich mit dem Erwachen der Rückenmarkszentren entfaltet
Der Raum war anmutig mit Blumen geschmückt. In der Luft lag ein leiser Duft von Räucherwerk. Sie trugen nichts als feine Wolltücher und blickten einander an. Sie fühlten sich unglaublich glücklich. Sie lächelten, berührten ihre Hände und senkten schüchtern ihre Augenlider, welche von Tränen benetzt waren. Als sie sich wieder gegenseitig ins Gesicht schauten, funkelten ihre Blicke und ein leises Beben entfaltete sich in ihren Körpern. Augenblick um Augenblick wurden sie sich einander immer mehr gewahr, erlebten intensiv jedes Gefühl, Erröten und Pulsieren. Dann kamen die Tränen wieder: es ging alles ganz schnell, raste in eine Zukunft, die „jetzt“ hieß, nichts als jetzt, und die niemals zuvor existierte.
Plötzlich geht eine Woge der Angst durch sie hindurch – das ominöse „Für immer“, das immer weiter und weiter fortschreitet und in welchem das Leben einst seinen Platz genommen hat und eines Tages wieder enden wird, in welchem alle jemals gelebten Leben stattfanden und wieder geendet haben – dieses „Für immer“ taucht vor ihnen auf. In diesem heiligen Moment scheint sich in ihren Herzen und in ihren Kopfkronen ein Tor zu öffnen.
Von Ehrfurcht ergriffen schließen sie ihre Augen, nur um Zeuge einer visuellen Endlosigkeit zu sein: der tausendblättrige, blühende Lotos der Unendlichkeit, das rosarote Herz des dunklen inneren Raumes wogt aus sich selbst heraus und sie verlieren ihre Identität in der gewaltigen Größe der inneren Welt. Ein Geist, ein Gefühl, eins und nichts als eins.
Und aus dieser Stille taucht dann ein Dröhnen, ein Brausen auf, eine sich windende, elektrisierende Kraft, die der Basis an der Wirbelsäule entspringt. Ein Rütteln durchzuckt sie, sie zittern ein wenig und kommen schließlich in einer Art atemlosen, wachsenden Ehrfurcht zur Ruhe. Alles ist still, so still. Nun bricht bei ihnen nacheinander der Schweiß aus und sie beginnen sich zu bewegen, oder vielmehr Es bewegt sie.
Arme greifen nach Beinen, ziehen und dehnen einander. Die Wirbelsäulen krümmen sich nach hinten, während der Atem sich vertieft und füllt und so verharren sie für Minuten in einer sonderbaren, bewegungslosen, wundersamen Haltung, die merkwürdig lustig anmutet, doch gleichsam ernsthaft entschlossen ist. Finger, Zungen, Kehlen, […]