Sehnsucht nach Vereinigung und Anziehung ist eine Kraft, die dem ganzen Universum zugrunde liegt. Liebe ist auf psychologischer Ebene die Manifestation dieser Kraft. Jeder Mensch hat die Freiheit zu wählen, auf welcher Ebene er diese Kraft zum Ausdruck bringen möchte.
Wenn wir im Metropolitan Museum oder im Louvre vor einem alten Meister stehen, tun wir gut daran erst einmal einen Schritt zurückzutreten, um das Gemälde in seiner Gesamtheit betrachten zu können und auch zu würdigen. Stehen wir nämlich zu dicht davor, werden wir durch die Pinselstriche und die aufgerissene Farbe abgelenkt. Aus angemessener Entfernung jedoch offenbart sich uns die Gestalt selbst und wir können mit unserem ganzen Wesen darauf antworten.
Ich glaube, das gleiche gilt auch für alle anderen Aspekte des Lebens. Sich das größere Bild zu vergegenwärtigen, ist immer angemessen und erstrebenswert. Nur so können wir die Dinge in ihrem richtigen Zusammenhang erfassen. Schließlich ist es immer der Zusammenhang von etwas, der einen Sinn und eine Bedeutung für uns schafft. Notwendigerweise enthält der Zusammenhang die gesamte Dimension der Zeit – also auch die Dauer von Geschichte.
Größere geschichtliche Zusammenhänge zu betrachten scheint besonders dann wichtig zu sein, wenn wir uns dem Thema Sexualität zuwenden. Wir haben heutzutage die Angewohnheit, das große Mysterium der Sexualität mit bloßen, in den Genitalien fixierten Empfindungen zu verwechseln. Unsere Vorfahren jedoch waren sich dieses unbegrenzten Mysteriums sehr wohl bewusst.
Was die Beschäftigung mit Sexualität anbelangt, ist unsere Zeit sicherlich nicht einmalig, wenngleich unsere westliche Zivilisation mit ihrer Besessenheit auf genitalen Sex und Orgasmus ziemlich alleine dastehen mag. Der Orgasmus ist eine kurze Entladung neuraler Energie, die für einen kleinen Moment unser Bewusstsein mit lustvollen Gefühlen überflutet und unsere Sorgen und Ängste darin ertränkt. Darauf folgt typischerweise ein Absinken der Bioenergie, die sich, je nach Vitalität und Gesundheit der Person, in einer schläfrigen Art von Entspannung oder Erschöpfung äußert. Der Orgasmus bewirkt nicht selten eine unzufriedene und depressive Stimmung, die uns dazu führt, den Akt zu wiederholen, was die Dinge oftmals nur noch verschlimmert.
Betrachten wir nun jedoch das größere Bild: Der Orgasmus ist nur ein kleiner Knall verglichen mit der gewaltigen Explosion, die, wie uns die Kosmologen erklären, das Weltall hervorbrachte. Die orgastische Erregung, die von vielen Millionen Menschen erfahren oder gesucht wird, ist […]