Ramana Maharshi zählt zu den großen authentischen Gestalten des spirituellen Lebens der Neuzeit. Im Alter von 16 Jahren wurde ihm eine mystische Todeserfahrung zuteil, die ihn durch das Tor des ewigen Selbst treten ließ, welches es fortan nie mehr verließ. Er lebte und lehrte über dreißig Jahre auf dem Berg Arunachala im Süd-Indischen Thiruvannamalai. Maria Wirth besuchte den magischen Ort und lässt Erinnerungen wieder lebendig werden.
Es war Freitag der 14. April 1950. Den Ärzten war klar, dass es sein letzter Tag sein würde. Der bösartige Tumor am linken Arm von Ramana Maharshi, der vor gut einem Jahr aufgetaucht war, hatte seine ganze Kraft aufgezehrt. Im Ashram am Fuß des Arunachala Berges war die Stimmung gedrückt. Es herrschte ein Gefühl der Hilflosigkeit – ein Hoffen gegen jede Hoffnung und Angst vor dem Unabänderlichen.
Gegen Abend zogen seine Anhänger zum letzten Mal an ihm vorbei und wünschten sich zum Abschied noch einmal einen Blick von ihm – einen Blick aus diesen friedvollen, leuchtenden Augen, der ihnen immer soviel Kraft gegeben hatte.
Einige der Anwesenden fingen an, die Hymne ‚Arunachala Shiva’ zu singen. Maharshis Augen glänzten. Er hatte ein Lächeln auf seinen Lippen und aus den Augenwinkeln rollten Freudentränen. Er holte noch einmal einen tiefen Atemzug. Es war sein letzter. Die Uhr zeigte 20:47.
Die Nachricht vom Tod des großen Weisen vom Arunachala Berg kam schon in den Abendnachrichten des indischen Rundfunks. Die Nation war tief betroffen. Viele Menschen aus der Umgebung machten sich in der Nacht schweigend auf den Weg nach Tiruvannamalai, um ihm zum letzten Mal ihre Ehrerbietung zu bezeugen.
Was machte diesen Mann, der 30 Jahre lang nur mit einem Lendenschurz bekleidet auf einer Couch gesessen hatte, so besonders? Was ist der Grund, dass sich selbst heute bekannte spirituelle Persönlichkeiten auf ihn beziehen? Dass Jahr für Jahr mehr Leute aus der ganzen Welt an den Ort strömen, wo er gelebt hat – über 50 Jahre nach seinem Tod?
Der Name Ramana Maharshi bürgt für Qualität auf einem Gebiet, wo sich seit jeher auch Scharlatane breit machen. Sein Leben ist ein offenes Buch. Und wer in ihm liest, wird unwillkürlich von seiner Einfachheit und Liebenswürdigkeit berührt. Ramana Maharshi ragt über den Durchschnitt hinaus. Doch er würde dem nicht zustimmen. […]