Viele der hier für YOGA AKTUELL übersetzten Verse wurden noch nie zuvor in ihrem psychologisch-spirituellen Sinn ins Deutsche übertragen. Diesmal: die Göttin Dakshina und ihre Verbindung zu den Angirasa-Rshis sowie die Vedische Symbolik der Frau und eines göttlichen Lebens.
In dieser Folge soll die Vedische Göttin Dakshina im Vordergrund stehen. Da wir sie oftmals im Kontext mit den Vedischen Ur-Sehern antreffen, werden wir auch auf jene näher eingehen.
Gleich zu Beginn soll auf die Vieldeutigkeit des Begriffes Dakshina hingewiesen werden. In der indischen Tradition treffen wir ihn in verschiedenen Formen an. Einmal als rechte Seite oder Richtung, was uns zur nächsten Bedeutung, dem Süden, bringt; damit in Verbindung steht der Name Dakshinamurti, sowie der Dakshina-Yana, der „Südliche Weg“, der signifikanterweise mit den „Vätern“ und der Wiederkehr zur Erde zu tun hat. Ansonsten wird mit Dakshina (im Femininum) ein Geschenk an den Guru oder eine Spende an einen Priester bezeichnet. Letztere und ähnliche Bedeutungen wurden von den materiell-ritualistisch ausgerichteten alten Übersetzern auch meist der Vedischen Göttin Dakshina gegeben. Doch „Gabe“ oder „Freigebigkeit“ allein ist nur selten sinnvoll. Es heißt zwar im Volksmund „Wer gibt, dem wird gegeben“, doch ist es unvorstellbar, dass die Seher uns glauben machen wollen, durch das Geben allein würde man z.B. (wie wir weiter unten sehen werden) die Einheit mit der symbolischen Sonne erlangen. Genauso wenig hätten sie einen Menschen allein wegen seiner Spendefreudigkeit als König oder gar als Seher betrachtet.
Sri Aurobindo hat in „The Secret of the Veda“ ausführlich die Etymologie des Grundwortes daksha dargelegt und bezieht es auf der Ebene des Denkwesens auf die mentale Beurteilung und auf der Ebene des Wahrheits-Bewusstseins auf das intuitive Unterscheidungsvermögen. Die Dakshina bezeichnet er als „Die Unterscheidungskraft, die die Gaben und Aktivitäten des Opfers verteilt“. Psychologisch heißt das: Einerseits hilft sie den Menschen auf dem spirituellen Weg durch die Unterscheidungskraft, alle Regungen und Handlungen ihres komplexen Wesens dem Licht zuzuwenden, und andererseits macht sie ihnen mit ihrer Erkenntniskraft die Gaben der göttlichen Natur zugänglich.
Hier ein Ausschnitt aus einer Hymne, in der Indra, der Göttliche Geist, als Besitzer der Dakshina beschrieben wird. Der Seher benützt dabei sogar ein Wortspiel, mit dem er uns sagt, dass die Dakshina eine rechtshändige Energie ist:
„… Im Besitz der Dakshina (dakshinavan) hat […]