Der Weg zum eigenen Herzen ist der gleiche, egal ob wir Mann oder Frau sind. Erforderlich ist allein der Mut, die eigene Angst zu überwinden und immer wieder auf das Herz zu hören. Wie das geht, erklärt der Weisheitslehrer Thomas Young im Interview
YOGA AKTUELL: Du bist ein sehr großer, stattlich gebauter, männlicher Mann! Sprichst du durch deine äußere Erscheinung auch Männer mit deinen Kursen an?
Thomas Young: (lacht) Danke! Ich spreche selbstverständlich Männer an. Aber es ist ein Phänomen, dass in den spirituellen Kreisen 70 % der Teilnehmer Frauen sind. In dem Sinne gibt es zu wenige Männer. Ich glaube, das liegt an der Linguistik. Wenn ich Herzseminare anbiete, klingt diese Ausschreibung für Männer, die in einem völlig anderen Lebenszusammenhang stehen und vielleicht Fußball spielen, nicht sehr verlockend. Diese Männer können meines Erachtens aber genauso spirituell sein, sie sprechen vielleicht einfach nur eine andere Sprache. Doch oft wird angenommen, dass ein Mann, der sich nicht mit Yoga beschäftigt, nicht spirituell ist.
Was braucht es?
Es geht darum, Brücken zu bauen und Wege anzubieten, die Männer in eine ureigene, unabhängige männliche Stärke führen. Die Normalität ist ja, dass ein unerlöster Mann mit einer unerlösten Frau zusammen ist. Dann haben wir das dreifache Beziehungsschema: Der Sohnemann ist mit der Mutter in der Frau zusammen, die Tochter in der Frau ist mit dem Vater im Mann zusammen. Wann aber begegnen sich jemals eine freie Frau und ein freier Mann? Da die alten Gesellschaftsstrukturen aufbrechen, alte Beziehungen aufbrechen, familiäre Strukturen aufbrechen, gibt es ein Feld, in dem wir heutzutage viele neue Erfahrungen machen können. Aber diese neue Lebensform, auf der sich Mann und Frau auf einer gleichen Ebene begegnen, hat sich noch nicht durchgesetzt.
Fühlst du dich heute als erlöster Mann?
Ich fühle mich eher als ein freier Mann. Das Wort erlöst beinhaltet für mich eine Art Endzustand. Ich lehre nicht die Vollkommenheit, sondern ich lehre eher die Annahme der Unvollkommenheit, das fröhliche Ausleben der Unvollkommenheit (lacht). Ich glaube nicht so sehr an erlöste Endzustände, sondern daran, dass es immer noch einen weiteren Entwicklungsschritt gibt in eine noch größere Freiheit, oder von Mannsein oder Männlichkeit.
Gibt es denn in deinen Augen so etwas wie eine eher männliche Spiritualität, in der ein Mann eher […]