Anna Trökes über zwei Pranayamas, welche die Energie der „beseligenden Heiterkeit“ wecken.
Die beiden Pranayamas Bhramari und Murchha folgen in der Hatha-Yoga-Pradipika dem intensiven und stark erhitzenden Bhastrika-Pranayama. Sie bringen in der Reihe der Kumbhakas eine ganz neue Energie ins Spiel, nämlich die der „beseligenden Heiterkeit“ bzw. die der „Glückseligkeit“. Damit spielen sie auf den Zustand ananda an, der im Hatha-Yoga am Ende des Weges einer Vision gleich aufscheint. Er beschreibt die Empfindung, die sich einstellt, wenn alle Bewegungen des Geistes zur Ruhe gekommen sind und unser Bewusstsein völlig aufgegangen ist in der Erfahrung des Absoluten oder des Göttlichen. Es ist der Zustand von „Sein-Bewusstsein-Seligkeit“ (sat-cit-ananda), in den die beiden Pranayamas uns stufenweise hinein geleiten wollen. Durch die Benennung eines so »erhabenen« und im Alltag oft so fernen Ziels wird klar, dass sie prozesshaft angelegt sind, also immer im starken Bezug zu der sie umgebenden Übungspraxis stehen müssen. Sie brauchen einen Vorlauf in der Asana- und /oder Pranayama-Praxis, um das Feld vorzubereiten, in dem solche Empfindungen möglich werden können und sie brauchen einen Ausklang, der dem Übenden hilft, in der Folge dieser Pranayamas entweder in die Meditation hinüber zu gleiten oder wieder so viel Erdung und Wachbewusstheit zu erlangen, dass er sich wieder den Erfordernissen des Alltag zu stellen vermag.
1. Bhramari
Bhramari ist eine Atemübung, bei der man ausatmend summt wie eine Biene. Durch dieses Summen entsteht in allen Resonanzräumen des Körpers – vor allem im Kopf, im Nacken und im Brustraum – eine starke Vibration. Sie führt dazu, dass alle Gewebe besser durchblutet werden, so dass viele Menschen im Anschluss eine angenehme Wärme und ein leichtes Kribbeln in diesen Körperzonen spüren. Vor allem aber beruhigt Bhramari den Geist, lindert Nervosität und innere Unruhe.
Von Bhramari sind zwei Versionen verbreitet, und zwar einmal die, die der Quellentext Hatha-Yoga-Pradipika (HYP) im Vers 68 des 2. Kapitels beschreibt. Sie lautet:
„Die Einatmung ist schnell und ungestüm und bringt den Summton der männlichen Biene hervor. Die Ausatmung ist sehr langsam und erinnert an das Summen der weiblichen Biene. Durch die wiederholte Ausübung dieser Übung erscheint im Geist der großen Yogins eine beseligende Heiterkeit.“
Eine andere Version wird in der Gheranda-Samhita im 5. Kapitel, in den Versen 78 – 82 beschrieben. Sie lautet:
“Wenn […]