Wie viel Elektronik braucht ein Yogi? Wie das Leben auf der Strecke bleibt, wenn die Technik die Regie übernimmt.
In den neunziger Jahren las ich regelmäßig eine amerikanische New Age-Zeitschrift und sah häufig Anzeigen dieser Art: „Erreichen Sie in nur 30 Minuten, wofür andere 30 Jahre brauchen – meditieren Sie wie ein Buddha!“ Es war die Blütezeit der Mind Machines, des spirituellen Dopings. Ich weiß nicht, ob das Angebot in den USA noch existiert. Zumindest hierzulande, wo die Versprechungen stets etwas bescheidener formuliert wurden, scheint es kein großes Thema mehr zu sein. Irgendwann hat sich wohl rumgesprochen, dass die ganze Erfahrung doch nicht so traumhaft ist wie suggeriert, und für manche Menschen mit erheblichen Gefahren verbunden.
Meditieren wie ein Buddha, das klingt natürlich verlockend, und der Konsument stellt sich vielleicht vor, minutenschnell ins Nirvana abzuheben. Aber es gibt nun einmal Spielregeln im Leben, die eingehalten sein wollen. So wie wir uns wünschen, dass ein Sportler mit legitimen Mitteln ans Ziel gelangt und sich nicht einen rauschenden Sieg mit einem späteren rauschenden Abstieg erkauft, so gilt es auch für den spirituellen Menschen. Eine natürliche Bewusstseinsentwicklung ist der Weg, nicht eine forcierte, mechanische Steuerung der Abläufe des Gehirns.
Trotzdem gibt es auch für den Yoga-Aspiranten Möglichkeiten der Unterstützung auf der digitalen Ebene. Den Tag mit Klängen gut inspirierter Musik zu beginnen, mit Aufnahmen von Mantra-Chanten oder Sanskrit-Rezitationen (sofern man nicht selbst chantet), ist ein guter Start, selbst wenn es nur ein paar Minuten sind. Dies sind Vitamine für unser Buddha-Selbst, wenn ich so sagen darf, eine gesunde, hilfreiche Ernährung. Per Internet Ashrams in Indien besuchen zu können oder vielerlei schöne Yoga-Seiten und alternative Radio-Sender gehört ebenfalls zu den Segnungen unseres elektronischen Zeitalters. Aber es hat bekanntermaßen auch Schattenseiten.
Vor fünfzehn Jahren erhielt ich einmal ein amerikanisches Buch, in dem ein Reporter seinen Besuch bei einer der renommiertesten technischen Universitäten der Welt beschrieb, wo man versuchte, Visionen für die digitale Zukunft zu entwickeln. Der Leiter des Instituts schilderte seinen ganz speziellen „Traum“: jeden Morgen las seine Frau ihm beim Frühstück eine Auswahl von Artikeln aus der Zeitung vor, eben jene Texte, von denen sie vermutete, dass sie ihn interessierten. Nun überlegte Prof. N., ob es nicht möglich wäre, einen Computer so zu programmieren, […]