Am 1. und 2. November gedenken wir der Verstorbenen. Diese Tage sind eine gute Gelegenheit, sich der eigenen Sterblichkeit bewusst zu werden und jeden Augenblick mit diesem Wissen zu leben.
„Die Rückkehr beginnt zu der Zeit,
wenn die Blume zu ihrer vollen Blüte gelangt ist,
zu der Zeit, wenn das Ziel, die Aufgabe,
für die die Seele auf Erden geboren wurde,
erfüllt ist.
Dann gibt es nichts mehr zu halten,
und die Seele zieht sich natürlich zurück,
so wie der Atem ausgeatmet wird.
Aber stirbt der Mensch, wenn er ausatmet? – Nein.
So stirbt auch die Seele nicht,
wenn sie sich zurückzieht,
obwohl es scheinbar für den sterbenden Menschen
und für diejenigen,
die bei ihm wachen,
den Eindruck des Todes macht.“
Hazrat Inayat Khan
Der Yoga, aber auch andere spirituelle Traditionen legen großen Wert darauf, dass sich der Mensch der eigenen Sterblichkeit gewahr wird. Dann „verschläft“ er sein gegenwärtiges Leben nicht, sondern nutzt die Zeit, Beziehungen lebendig zu gestalten und diese immer mit dem Wissen zu führen, dass das nächste Leben eher kommen kann als der morgige Tag.
Für manche Menschen ist es schwer, die Vergänglichkeit eines geliebten Menschen zu akzeptieren. Für andere Menschen wiederum ist es schwieriger, der eigenen Vergänglichkeit ins Auge zu schauen. Wie auch immer ein Mensch den Tod und die Sterblichkeit betrachtet: sterben werden wir alle. Früher oder später. Und was uns allen gemeinsam ist: keiner von uns kennt die Stunde des eigenen Todes.
Mit dem Bewusstsein über die eigene Vergänglichkeit ist es ratsam, ein paar Dinge zu regeln, nämlich die Patientenverfügung und das Testament. Solltest du in einer Beziehung oder Ehe leben, solltest du diese Angelegenheiten auf jeden Fall gemeinsam mit deinem Partner oder mit deiner Partnerin besprechen.
Eine Patientenverfügung
Solltest du bedingt durch einen Unfall oder eine Krankheit nicht mehr in der Lage sein, selbst die Entscheidung zu fällen, ob, wie lange und auf welche Weise du als Patient medizinisch behandelt werden möchtest, dient dieses Dokument als Sicherheit dafür, dass du – wenn du es nicht möchtest – nicht an medizinischen Geräten angeschlossen wirst oder dein Leben länger aufrechterhalten wird, als es das Leben selbst möchte. Durch eine Patientenverfügung wird dein eigener Wille bindend und Ärzte, Betreuer und Verwandte haben dem Folge zu leisten. Patientenverfügungen kannst du kostenlos im Internet runterladen oder sie zusammen mit einem Arzt deines Vertrauens ausfüllen. Dadurch gehst du sicher, dass sie alle rechtlichen Kriterien erfüllt, um anerkannt zu werden. Wichtig ist nämlich, dass eine Patientenverfügung eindeutig und situationsbezogen formuliert ist, um anerkannt zu werden.
Vollmacht ausstellen
Solltest du durch einen Unfall oder eine Krankheit plötzlich nicht mehr in der Lage sein, wichtige Entscheidungen treffen zu können, so darf dein Ehemann oder deine Lebensgefährtin diese Angelegenheiten nur regeln, wenn du eine Vollmacht für diese Person ausgefüllt hast. Niemand darf eine Entscheidung in deinem Namen ausführen. Es sei denn, er ist von dir dazu ernannt worden. Das Gleiche gilt natürlich auch für deine Angehörigen.
Ein Testament aufsetzen
Viele Menschen haben Angst davor, ihr eigenes Testament zu machen. Sie sehen darin einen Unkenruf oder befürchten, dadurch den eigenen Tod zu rufen. Ein Testament ist aber kein schlechtes Omen, sondern ähnlich wie eine Patientenverfügung eine Vorsorge für den Fall, dass dich der Tod unvermittelt trifft. Ein Testament bringt Klarheit über die Verwaltung deines Eigentums. In einem Testament kannst du zum Beispiel folgende Punkte aufführen:
- Art der Bestattung (Einäscherung oder Beerdigung)
- Ort der Bestattung
- Ort und Ablauf der Trauerfeier
- Gäste für eine Trauerfeier
- Erben
- Organspende
Sollte dein Vermögen einen größeren Umfang betragen, ist es ratsam, sich juristischen Beistand zu holen um das Testament so aufzusetzen, dass es allen rechtlichen Vorgaben entspricht und gültig ist.
Den Tag genießen
Die Bewusstwerdung des eigenen Todes kann dich auch darin unterstützen, jeden einzelnen Tag noch intensiver zu genießen. Das folgende Ritual kann dir auch hierbei eine Hilfestellung sein:
Nimm dir einen ganzen Tag nur für dich Zeit. Versuche es so einzurichten, dass du möglichst nicht gestört wirst und alleine bist. Achte darauf, dass du keine Erledigungen machen musst, dein Smartphone ausgeschaltet ist, du keine Termine hast und auch kein Besuch kommt. Stell dir vor, dass dieser Tag dein letzter Tag hier auf diesem wunderschönen Planeten ist. Wie würdest du ihn verbringen? Was wäre für dich das Wichtigste, das es zu erledigen gäbe? Einen Brief an einen Menschen zu schreiben, den du liebst? Eine Yogasequenz machen? Eine Meditation machen, die dich mit deinem unsterblichen Wesenskern in Verbindung bringt? Ein Mittagessen in dem teuersten Restaurant der Stadt? Solltest du das Bedürfnis haben, ein klärendes Gespräch mit einem Menschen zu führen, so nimm es dir für den nächsten Tag oder die nächstbeste Gelegenheit vor. Mach nach Möglichkeit an diesem Tag all die Dinge, die du immer schon machen wolltest. Erfülle dir all die Wünsche, die du schon immer in dir getragen hast – natürlich im Rahmen des Möglichen und Machbaren. |
Fülle die hier vorgeschlagenen Formulare aus, mach dein Testament und genieße einen Tag so, als wäre er dein letzter. Du wirst sehen, dass diese Handlungen nicht bedrückend sind, sondern du dein Leben als ein großes Geschenk empfinden wirst.