Wunderwerk der menschlichen Architektur: die Anatomie der Wirbelsäule und was man in der Yogapraxis diesbezüglich beachten sollte
Die Wirbelsäule hat eine herausragende Bedeutung für die Gesundheit und Beweglichkeit des Körpers im Alltag wie im Yoga – das kann jeder nachempfinden, der schon einmal Rückenschmerzen hatte. Ursachen für Rückenschmerzen gibt es viele. Die häufigste jedoch ist die dauerhaft falsche Beanspruchung der Wirbelsäule. Grundsätzlich tut Yoga unserem Rücken gut und lindert bei korrekter Ausführung eventuell vorhandene Beschwerden oft innerhalb kurzer Zeit. Was aber, wenn sie nicht verschwinden, sich sogar verschlechtern oder erst durch Yoga auftreten? In letzter Zeit hört man viel über yoga-induzierte Rückenverletzungen, wie Bandscheibenvorfälle, Hexenschuss und Nervenentzündungen. Rückenschmerzen haben selten strukturelle, sondern meist funktionelle Ursachen. Das bedeutet, dass das funktionelle Zusammenspiel der knöchernen Wirbelsäule und der anatomischen Strukturen drumherum, also der Muskeln, Sehnen und Bänder, bedeutsamer für einen schmerzfreien, starken Rücken ist als die Auswirkung mancher Abnutzungserscheinungen an der Wirbelsäule und an den Bandscheiben. Der anatomisch-physiologisch korrekte Gebrauch des Rückens ist für die Funktionsfähigkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule entscheidend und sollte in der Asanapraxis ein besonderes Augenmerk erhalten. Nur so können alte Verletzungen aufgearbeitet und neue vermieden werden.
Überblick über die Anatomie der Wirbelsäule (Abb.1)
Die Wirbelsäule (WS) hat eine Doppel-S-Form und besteht aus 24 einzelnen Wirbeln. Die sieben Wirbel der Halswirbelsäule (HWS) erhalten die Abkürzungen C1 bis C7 (cervikal), die zwölf Wirbel der Brustwirbelsäule (BWS) TH1 bis TH12 (thorakal), und die fünf Wirbel der Lendenwirbelsäule (LWS) L1 bis L5 (lumbal). Das Kreuzbein (Os sacrum, S1–5) und das Steißbein (Os coccygis) werden anatomisch ebenfalls der Wirbelsäule zugeordnet. Die physiologische Biegung der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule bezeichnet man als Lordose, die der Brustwirbelsäule und des Kreuzbeines als Kyphose. Die Wirbelsäule eines Neugeborenen ist gerade bis kyphotisch. Erst mit der Aufrichtung des Körpers gegen die Schwerkraft zum Stehen und Gehen erhält sie nach und nach ihre typische und individuelle Form, die im Laufe des Lebens zusätzlich von individuellen Haltungsgewohnheiten geprägt wird.
Aufbau eines Wirbels (Abb. 2a + 2b)
Grundsätzlich besteht jeder Wirbel aus einem Wirbelkörper (Corpus vertebrae) mit einem Wirbelbogen (Arcus vertebrae), der das Wirbelloch (Foramen vertebrale) bildet. Die Wirbellöcher aller Wirbel bilden den Spinalkanal, durch den das Rückenmark verläuft, das aufgrund dieser knöchernen Umhüllung gut geschützt ist.
Rechts und […]