Es gibt so viele Yogaarten, wie es Praktizierende gibt. Es gibt nicht das Eine, das für alle stimmt. So muss jeder seinen eigenen Weg finden. Verändert sich unser Leben, müssen wir diesen Weg oft neu finden, das ist Yoga. In der Schwangerschaft wird dies besonders deutlich, denn hier verändern sich innerhalb kurzer Zeit viele Dinge auf körperlicher, emotionaler und geistiger Ebene. Die neuen Bedürfnisse bestimmen unsere Praxis.
Ein Satz aus einem Interview, das ich vor Kurzem hörte, blieb mir hierzu im Gedächtnis, denn er bringt es sehr gut auf den Punkt. Die Interviewte, eine Doula, Prä- und Postnatal-Yogalehrerin aus den USA, sagte: “In pregnancy many things are possible, but they might not all be beneficial.” Übersetzt: „In der Schwangerschaft ist vieles möglich, das bedeutet aber nicht, dass es auch gut für uns ist.“
So einfach und doch so leicht zu vernachlässigen. Als ich während der Schwangerschaft meine Frauenärztin fragte, was ich in der Schwangerschaft noch machen dürfe, freute mich ihre Antwort:
„Alles, was sich gut anfühlt.”
„Auch Akrobatik?”
„Ja, schauen Sie nur, dass Sie nicht fallen.”
Großartig, ich durfte also alles weitermachen. Es lief so weit auch gut – meinem Sohn geht es wunderbar. Trotzdem ist das nur die halbe Wahrheit. Hätte ich den Rat der Doula vorher gehört und mir zu Herzen genommen, hätte ich mich vielleicht mehr auf eine Praxis konzentriert, die mein Körper und mein Geist wirklich brauchten. Vielleicht wäre auch die Rückbildung etwas besser verlaufen. Stattdessen ist mein Sohn nun bald zwei Jahre alt und ich habe eine drei Finger breite Rektusdiastase. Wie ich nun weiß, ist das nicht ganz untypisch für übereifrige Mamas. Wer jetzt nicht weiß, wovon ich spreche: Eine Rektusdiastase ist ein Spalt zwischen den geraden Bauchmuskeln, der während der Schwangerschaft durch die Ausdehnung des Bauches entsteht. Normalerweise schließt sich dieser in den Wochen oder Monaten nach der Geburt wieder.
Zurück zu dem, was die Doula sagte – dieses Zitat beschreibt im Prinzip genau den Ansatz des Perinatalyoga, des Yoga um die Geburt herum. Er schaut ganzheitlich auf die gesamte Zeit vor sowie nach der Geburt. Es geht nicht nur darum, was man darf und was nicht, sondern darum, was in dieser Zeit wirklich gut und förderlich für die Praktizierende ist. Die Yogapraxis […]